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  Kann Bundestag Abschaffung der Todesstrafe in den USA bewirken?
jW sprach mit Rudolf Bindig (SPD), Mitglied im Ausschuß für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Bundestages
 
 

F: Der Bundestag hat gestern nachmittag über einen Antrag von SPD und Grünen gegen die Todesstrafe in den USA entschieden. Explizit wird darin auch der umstrittene Fall des schwarzen Journalisten Mumia Abu-Jamal erwähnt. Gibt es einen bestimmten Anlaß für das Papier?

Der Anlaß ist, daß wir in diesem Jahr leider feststellen müssen, daß in den USA von der Todesstrafe in besonders exzessiver Weise Gebrauch gemacht wird.

F: Die Fraktion der PDS hat ein vergleichbares Papier bereits im April eingebracht. Wieso folgt nun ein Antrag der SPD und Grünen?

Wir legen den Antrag etwas breiter an. In unserem Papier melden wir uns generell mit der Forderung nach der Abschaffung der Todesstrafe in den USA. Nach unserer Ansicht verletzt sie das grundlegendste Menschenrecht, nämlich das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist eine durch nichts zu rechtfertigende Form grausamer, erniedrigender und unmenschlicher Behandlung von Straftätern.

F: Menschenrechtsorganisationen in den USA kritisieren den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Georg Bush, weil die Todesstrafe in seinem Wahlkampf eine bedeutende Rolle gespielt hat. Wie erfolgreich kann denn so ein Papier aus Europa denn überhaupt sein?

Es ist sehr deutlich, daß es in der Frage der Todesstrafe einen erheblichen Dissens zwischen Europa und den Vereinigten Staaten gibt. Die Einwirkungsmöglichkeiten sind begrenzt. Aber die USA sollen und müssen wissen, daß wir uns in Deutschland und im gesamten europäischen Raum gegen diese Rechtspraxis wenden. Als Parlamentarier verlangen wir daher auch, daß die Bundesregierung der US- Regierung das zusammen mit ihren Partnern in bilateralen Gesprächen immer wieder deutlich macht.

F: Ein klarer Auftrag an die Bundesregierung. Hat sich Joseph Fischer denn schon zu dem Problem geäußert? Sowohl zu dem Problem der Todesstrafe als auch zu dem speziellen Fall von Mumia Abu-Jamal?

Ich kann Ihnen leider nicht sagen, ob diese Themen schon Teil von Gesprächen mit der US-Außenministerin Madeleine Albright gewesen sind, aber es läge auf der Linie dessen, was der Bundesaußenminister vertritt. Wir vom Deutschen Bundestag haben auch für den Fall Abu-Jamal bereits eine Reihe von Initiativen ergriffen. Das schließt Briefe ein, die wir an die Zuständigen, das heißt den Gouverneur und an den ehemaligen Präsidenten James Carter gerichtet haben. Ich persönlich finde es besonders abschreckend, daß die Todesstrafe sogar als Wahlkampfmittel mißbraucht, also instrumentalisiert worden ist.

F: Welches Ergebnis hatten solche von Ihnen erwähnten Initiativen in der Vergangenheit? Was unterscheidet sie von dem jetzt zu verabschiedenden Papier?

Der Deutsche Bundestag hat sich in der Regel mit ganzen Regionen befaßt oder hat die weltweite Abschaffung der Todesstrafe gefordert. Wenn nun mit den USA ein Land spezifisch aufgegriffen wird, dann soll das schon zum Ausdruck bringen, daß wir hier ganz besondere Probleme sehen und mit dem Antrag eine Willensbildung des deutschen Parlaments herbeiführen wollen. Einige andere Parlamente in Europa haben das wohl auch schon getan. So hoffen wir doch, einen kleinen Einfluß auf das Verhalten der USA zu bekommen.

F: Welche Chancen geben Sie einer konzertierten Aktion europäischer Staaten?

Es läuft da sehr viel. Es gibt eine Koordinierung der verschiedenen Initiativen, nicht nur von Nichtregierungsorganisationen. Auch Politiker werden in vielen Ländern aktiv. Der Erfolg bleibt zu hoffen, ihn einzuschätzen ist extrem schwierig.

F: Gibt es Stellungnahmen von der US-Botschaft?

Auf keinen der Briefe, die wir in der Sache an die Botschaft gerichtet haben, ist eine Antwort gekommen. Auch persönlich habe ich noch keine Reaktion von der US-Botschaft erhalten.

Interview: Harald Neuber

 
Quelle:
Artikel in der Jungen Welt

Siehe auch:
Bundetag kritisiert Todesstrafe und Position gegenüber Mumia Abu-Jamal der US-Regierung 08.12.2000
Eindeutiges Signal des Bundestages zur Abschaffung der Todesstrafe in den USA überfällig 07.12.2000
Interview des Abgeordneten Rudolf Bindig (SPD) (Ist Mumia Abu-Jamal dem Bundestag egal ?" in "junge Welt" vom 01.07.2000)
Initiative: Bundestagsabgeordnete sollen sich für Mumia einsetzen (14. Juni 2000 - Mit Hintergrundinformationen und weiteren Links)

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